Vaterschaft

Kein Vater und trotzdem unterhaltspflichtig?

Kein Vater und Unterhaltspflichtig
Bild: © Ermolaev Alexander / shutterstock.com
Kein Vater und Unterhaltspflichtig
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Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) sorgt derzeit für Schlagzeilen: Der beklagte Mann wurde zur Zahlung von Kindesunterhalt verurteilt, obwohl er weder biologischer noch rechtlicher Vater des Kindes ist. Wie kann es zu so etwas kommen?

Einvernehmliche künstliche Befruchtung
Schon seit mehreren Jahren hatten die spätere Kindesmutter und der beklagte Mann eine intime Beziehung gepflegt, ohne verheiratet zu sein. Nachdem sich die Frau ein Kind wünschte, der Mann allerdings zeugungsunfähig war, entschieden sich die beiden für eine künstliche Befruchtung.

Im Juli 2007 war es dann so weit: Vom Hausarzt der Mutter wurde eine heterologe Insemination durchgeführt. Die erfolgte mit dem Fremdsperma eines Dritten, welches der Mann zuvor beschafft hatte.

Erklärung des zeugungsunfähigen Mannes
Bei dieser Gelegenheit gab der Mann handschriftlich die Erklärung ab, für alle Folgen einer eventuellen Schwangerschaft aufzukommen und die Verantwortung zu übernehmen.

Schwanger wurde die Frau allerdings nicht unmittelbar, sondern erst nach weiteren Versuchen. An denen war der Mann nach eigenen Angaben nicht mehr beteiligt. Das Oberlandesgericht (OLG) kam aber zu dem Ergebnis, dass auch die weiteren Versuche, eine Schwangerschaft herbeizuführen, wenn vielleicht auch ohne dessen unmittelbare Anwesenheit, zumindest im Einvernehmen mit dem Mann erfolgten.

Die Befruchtung im Januar 2008 war schließlich erfolgreich, sodass im Oktober 2008 ein kleines Mädchen geboren wurde. Der Mann zahlte daraufhin für die Erstlingsausstattung sowie Unterhalt bis zum Ende des Jahres 2008. Danach allerdings stellte er seine finanzielle Unterstützung ein.

Weder biologischer noch rechtlicher Vater
Ein Gerichtsverfahren, mit dem die Vaterschaft des Mannes festgestellt werden sollte, blieb erfolglos. Das ist in diesem Fall auch nicht verwunderlich, schließlich wurde das Kind unstreitig nicht mit dessen Samen gezeugt und hatte nicht seine Gene. Eine biologische Vaterschaft scheidet damit von vornherein aus.

Eine rechtliche Vaterschaft gemäß § 1592 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) lag ebenfalls nicht vor: Der Mann war zu keinem Zeitpunkt mit der Kindsmutter verheiratet und hatte auch die Vaterschaft nie förmlich anerkannt, seine Vaterschaft konnte nicht gerichtlich festgestellt werden und es lag auch keine Adoption vor.

Zwar gab und gibt es Bestrebungen zur Gleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder. Trotzdem hat der Nachwuchs auch hier keine Ansprüche gegen beliebige Personen, sondern grundsätzlich nur gegen Vater und/oder Mutter. Daher ist bei unehelichen Kindern nach wie vor eine Anerkennung der Vaterschaft erforderlich, die in diesem Fall nicht vorlag.
Der Mann war also in keiner Weise Vater des Kindes. Warum also verurteilte ihn der BGH trotzdem? Die Lösung ist relativ einfach: weil der Mann es ausdrücklich zugesagt hatte.

Vertragliche Vereinbarung einer Unterhaltspflicht
Ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch bestand in diesem Fall tatsächlich nicht. Allerdings hatte der Mann in die künstliche Befruchtung seiner damaligen Lebensgefährtin eingewilligt und dazu erklärt, die Verantwortung für die Folgen zu übernehmen.

Das umfasst nach Ansicht des BGH auch die Verpflichtung zum Kindesunterhalt. Die noch vor der Geburt des Kindes abgegebene Erklärung des Mannes wirkt in Form eines Vertrages zugunsten Dritter auch unmittelbar für das kleine Mädchen, das damit selbst unterhaltsberechtigt wird.

Anders als bei der Vaterschaftsanerkennung oder Adoption eines bereits geborenen Kindes ist eine vertragliche Verpflichtung grundsätzlich formfrei möglich. Statt der handschriftlichen Aufzeichnung hätte also selbst eine mündliche Zusage ausgereicht, auch wenn eine solche natürlich schwerer beweisbar ist.

Wer also in die künstliche Befruchtung seiner Lebensgefährtin eingewilligt hat, muss damit rechnen, auch zum Kindesunterhalt herangezogen zu werden. Die Höhe des zu zahlenden Betrages richtet sich mangels anderweitiger Vorgaben im Zweifel nach den Regelungen des gesetzlichen Kindsunterhalts.
(BGH, Urteil v. 23.09.2015, Az.: XII ZR 99/14)

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Armin Dieter Schmidt
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